Forschungsprojekt: Analyse richterlicher Fragestellungen an familienrechtspsychologische Sachverständige

Leitung: Prof. Dr. Jelena Zumbach
Projektmitarbeitende: M.Sc. Anna Sahlfeld
Zeitperspektive:  2020-2023

Ziel:

In der Fachliteratur besteht seit einigen Jahren eine Diskussion darüber, ob und wie Beweisbeschlüsse durch Richterinnen und Richter korrekt formuliert werden und wie diese durch die psychologischen Sachverständigen beantwortet werden können. Im Rahmen dieses Projekts zur Analyse richterlicher Fragestellungen an familienrechtspsychologische Sachverständige wurden ca. 200 gerichtliche Beweisbeschlüsse analysiert. So konnten Kenntnisse über zugrundeliegende latente Dimensionen sowie Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Rechtsbegriffen und (rechts-) psychologischen Konstrukten innerhalb der gerichtlichen Beweisbeschlüsse geliefert werden (Zumbach & Volbert, 2021; Sahlfeld & Zumbach, 2022). Mit diesen Analysen wurde ein Beitrag zu der Spezifikation der relevanten Konstrukte aus Perspektive der Gerichte geleistet. Innerhalb zugrundeliegender latenter Dimensionen wurden in den Beweisbeschlüssen sowohl bestimmte Rechtsbegriffe, als auch originär psychologische Konstrukte identifiziert. Die Ergebnisse können zu einer systematischeren Überführung von juristischen in psychologische Fragen im Kontext psychologischer Sachverständigenbegutachtungen beitragen.

Aus methodischer Sicht konnte Rahmen dieses Projekts erstmals aufgezeigt werden, dass sich machine-learning Ansätze (Latent Dirichlet Allocation [LDA], Blei et al. [2003]) zur Analyse von textbasierten Rohdaten aus Gerichtsakten einsetzen lassen. LDA ist ein von Blei et al. (2003) entwickeltes machine learning topic model, welches das automatische Clustern beliebiger Textdokumente (Textkorpora) in eine gewählte Anzahl von Clustern mit ähnlichem Inhalt (latente Dimensionen), den sogenannten Topics, ermöglicht.
Im Rahmen des Projekts soll diese Forschung künftig weiter ausgebaut werden. Aktuelle Fragestellungen zielen beispielsweise auf die Identifikation latenter Dimensionen innerhalb der Einschätzungen von forensischen Sachverständigen ab.

Kontakt:

j.zumbach@phb.de

Publikationen:

  • Sahlfeld, A. & Zumbach, J. (2021). Beweisbeschlüsse im Familienrecht: Auftretenshäufigkeiten von Rechtsbegriffen und psychologischen Konstrukten in gerichtlichen Fragestellungen an psychologische Sachverständige. Rechtspsychologie, 7, 314-340. https://doi.org/10.5771/2365-1083-2021-3-314
  • Zumbach. J. & Volbert, R. (2021). What judges want to know from forensic evaluators in child custody and child abuse cases. Analyzing forensic assignments using Latent Dirichlet Allocation. Frontiers in Psychology – Forensic and Legal Psychology, 12, 603597. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.603597